Der neue Scrum Guide 2020 (25 Jahre Scrum)

Donnerstag, 19.11.2020

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Das neue Inkrement: Reifeprozess statt Überraschung

Am 18. November wurde passend zum 25-jährigen Jubiläum von Scrum der neue Scrum Guide 2020 in einem globalen Online Event mit Jeff Sutherland und Ken Schwaber vorgestellt. In diesem Blog Artikel beleuchten wir kompakt die neuen Änderungen.

Nachdem im letzten Update des Scrum Guides, im Jahr 2017, viele Änderungen auf mehr Klarheit der Scrum Guidelines abzielten, war es umso spannender, auf welche Änderungen diesmal der Fokus gelegt wurde. Eine generelle Auffälligkeit ist, dass weniger strenge Reglementierung, mehr (Ziel-)Orientierung und weniger sprachliche Einschränkung auf IT-Entwicklung im Vordergrund stehen. Außerdem ist der Scrum Guide leichtgewichtiger geworden und umfasst nur noch 14 statt 19 Seiten inklusive Titelblatt. Nun aber zu den eigentlichen Änderungen!

Weniger strenge Vorgaben

Auffällig ist, dass im Scrum Guide 2020 einige „Regeln“ entfernt oder aufgelockert wurden, um dem eigentlichen Ziel von Scrum, ein minimales Framework bereitzustellen, wieder näher zu kommen. Beispielsweise gibt es die Daily Fragen nicht mehr und die Attribute, die mindestens für ein Product Backlog Item anzugeben sind, beschränken sich nur noch auf eine Beschreibung, eine Sortierung und eine Größe.

Ein Team

Die Formulierungen rund um das Scrum Team legen jetzt eine stärkere Betonung darauf, dass es sich um EIN Team mit EINEM gemeinsamen Produkt handelt. Ziel hiervon ist vor allem gegen immer wieder auftretende „wir gegen sie“-Tendenzen und einer damit einhergehenden Trennung von Umsetzungsteam und Product Owner:in.

Das Product Goal

Als neues Konzept wurde das „Product Goal“ bzw. „Produktziel“ eingeführt. Vergleichbar zum Sprintziel, das das Team im Laufe eines Sprints leitet, soll das Produktziel dem Team zusätzlich einen längerfristigen Fokus geben. Beispielsweise soll dadurch das Team auch im Planning und Refinement leichter im Sinne des gemeinsamen langfristigen Ziels handeln können.

Verortung von Sprint Goal, Definition of Done und Product Goal

In der Vergangenheit standen Sprintziel (Sprint Goal) und Definition of Done relativ eigenständig im Raum, beziehungsweise wurden nicht explizit verortet. Für alle diese beiden Artefakte und das neue Produktziel wurden „Commitments“ eingeführt. Das Sprintziel und Produktziel wurden dem Sprint Backlog bzw. Product Backlog zugeordnet, sowie die Definition of Done dem im Sprint erzielten Inkrement.

Self-Managing statt Self-Organizing

Der neue Scrum Guide 2020 spricht nicht mehr von selbst-organisierten, sondern von selbst-steuernden bzw. -leitenden Teams. Mit diesen leicht abgeänderten Begrifflichkeiten wird im neuen Scrum Guide nicht mehr nur das Wer und Wie der Arbeit formuliert, sondern auch das Was. Diese Änderung ist auch im Kontext der bereits erwähnten Betonung auf das eine „Scrum-Team“ und das damit angestrebte Gemeinschaftsverständnis zwischen Umsetzungsteam und Product Owner:in zu sehen.

Die neue Dritte Sprint Planning Perspektive

Neben den bisherigen zwei Themen bzw. Perspektiven Was und Wie, die das Scrum Team im Sprint Planning einnehmen sollte, führt der neue Scrum Guide 2020 als drittes das Warum ein.  Während das Was auf den Sprint Scope und das Wie auf den Breakdown der Umsetzungsplanung abzielt, bezieht sich das Warum auf das Sprintziel. Hierbei geht es wie bei der Einführung des Product Goals und des „self-managing Teams“ auch wieder darum, die Gesamtverantwortlichkeit des Scrum Teams zu betonen und zu stärken.

Scrum für Alle

Die neue 2020er Version des Scrum Guides hat eine deutliche Überarbeitung in den Formulierungen erhalten. Zum einen sollte die Hürde den Guide zu lesen noch weiter reduziert und damit der Zugang zu Scrum und seinen Grundregeln erleichtert werden. Zum anderen wurde der Weg in Richtung eines Produktentwicklungs-Frameworks (in Abgrenzung zu reiner Softwareentwicklung) mit der Streichung von Begriffen wie "Architektur" oder "Testen" konsequent weiter gegangen.

Fazit

Der neue Scrum Guide enthält keine revolutionären Veränderungen. Aber: Er stellt ein wertvolles Inkrement dar, das auch den Reifeprozess widerspiegelt, den Scrum in den vergangenen Jahren aufgrund der immer größeren Verbreitung und Adaption erfahren hat. Ebenso reagiert die neue Version auch auf Kritik bzw. Aussagen wie „das passt in unserem Team nicht so richtig“ oder „wir machen kein Scrum ganz nach Lehrbuch“ (wenn es das überhaupt gibt). Scrum selbst muss sich genauso an die sich verändernde Umgebung anpassen, wie das Vorgehen es von seinen Teams verlangt – und dafür ist der neue Guide ein Schritt in die richtige Richtung.

Die neue englische Version (eine deutsche gibt es noch nicht die Community ist dran) gibt es hier. Die Aufzeichnung des Launch Events kannst Du Dir ebenfalls ansehen.

Ziehst Du ein anderes Fazit? Dann lass es uns wissen! Schreib einen Kommentar oder schick mir eine Mail.


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Dr. Benjamin Klatt

Dr. Benjamin Klatt

Dr. Benjamin Klatt ist IT-Architekt und Agile Coach. Seine Schwerpunkte liegen in der Digitalisierung von Produkten und Prozessen, Cloud- und Software-Lösungen sowie agilen Arbeitsweisen und Transformationen.
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