„Wie?“ und „Warum?“ - Mit guten Fragen zu nutzerzentrierten IT Anwendungen

Donnerstag, 23.1.2025

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Starten wir mit einer Annahme, die ich über uns Admins habe...

Wir glauben nur, dass wir die Bedürfnisse unserer Benutzer:innen kennen und wissen, was das Beste für sie und für unsere Anwendungen ist. Wir haben unsere Annahmen noch nie im Größeren überprüft. In Wirklichkeit haben wir keine Ahnung, was in den Köpfen unserer Benutzer:innen und in unseren Anwendungen vor sich geht.

Die Aussage triggert ein wenig? Sehr gut! Das bedeutet, dass zumindest ein bisschen Wahrheit drin steckt. Wenn nicht, dann spreche ich im Folgenden einfach für mich selbst.

Viele der Tools, die wir verwenden, sind für unsere tägliche Arbeit von zentraler Bedeutung. Ob es nun unser Wissensmanagement, unser E-Mail-Client, unser Kommunikations- oder Aufgabenmanagement-Tool ist. Verbessern wir diese Tools und spart dadurch jede:r Mitarbeiter:in nur eine Minute pro Tag, summiert sich das in unserem mittelständischen Unternehmen schnell auf ~ 100 Stunden pro Jahr (200 Arbeitstage * 300 Mitarbeiter:innen). Ich bin in der viadee für alle Atlassian-Tools verantwortlich und die Cloud-Migration war eine dieser Verbesserungen - zumindest dachten wir das. In meinem Artikel über unseren großen Migrationserfolg (oder war es einer?), habe ich berichtet, dass wir die Bedürfnisse unserer Benutzer:innen viel besser hätten berücksichtigen können.

Die Forschung und Praxis zeigt, dass die Beteiligung der Benutzer:innen und das Change Management einer der wichtigsten Faktoren für den Erfolg eines IT-Projekts sind. Warum also tun wir nicht mehr davon?

Tatsächlich können wir viel von unseren Nutzer:innen lernen: Wir können herausfinden, wie sie die Software derzeit nutzen, welche Anwendungsfälle es gibt und welche Funktionen sie bei ihrer täglichen Arbeit vermissen. Sie werden uns über ihre Erwartungen, Anforderungen und unerfüllten Wünsche erzählen - ob wir das wollen oder nicht.
Außerdem wissen nur sie, welche neuen Updates (die in Cloud-Anwendungen inzwischen häufig ja automatisch ausgerollt werden) für sie und ihre Arbeit tatsächlich relevant sind.

Das ist eine MENGE! Angenommen, wir hätten all dieses Wissen bereits, würden wir unsere wichtigsten (& befreundeten) Benutzer:innen kennen und sie zum Testen verwenden; wir könnten Roadmaps erstellen, Änderungen planen und Schulungen entwerfen, die ihren Bedürfnissen entsprechen. Eine weitere Sache, die auch das Management lieben wird, ist die Optimierung von Kosten: Wir müssen keine Plugins, Erweiterungen oder neue Tools mehr kaufen, die am Ende nicht genutzt werden. Wir zahlen nur für die Lizenzen, die notwendig sind, und wir sind in der Lage, überzeugende Business Cases zu erstellen, weil wir endlich den erwarteten Mehrwert von Neuerungen genauer messen können.

Klingt großartig - „aber wie kommen wir dahin?“, wird sich nun der:die ein oder andere vielleicht fragen.

Es gibt zwar einige Methoden, bei denen man nicht mit den Benutzern sprechen muss - der effektivste Weg, ihre Bedürfnisse herauszufinden, ist jedoch, sie danach zu fragen. Ich weiß, das gefällt nicht jedem:r und ist sicher zeitlich betrachtet nicht effizient, aber notwendig.

Wie ich mehr über unsere Nutzer:innen erfahre, berichte ich in größerer Breite in meinem Navigate Vortrag. In diesem Blogbeitrag verrate ich euch aber schonmal vorab mein größtes Geheimnis:

„Wie“ und ‚Warum‘.

Frage

Nein, das ist keine Frage an die Blog-Leserschaft. Es sind lediglich zwei der mächtigsten Wörter, wenn es um Anforderungsanalyse geht.

Stellen wir uns vor, ich, Rebekka (R), verwalte eine Atlassian Confluence-Instanz und möchte mehr darüber herausfinden, was Anna (A) denkt und braucht. (Dieses Beispiel könnte auch durch jedes andere Tool ersetzt werden).

Rebekka: Lass uns über die Confluence-Suche sprechen.                                                                  Anna: Ich mag sie nicht.
R: Aber du benutzt sie trotzdem.
A: Ja.
R: Warum benutzt du die Suche, obwohl du sie nicht magst?
A: Ich muss Dinge finden.
R: Warum brauchst du die Suche dafür?
A: Weil die Inhalte nicht in einer klaren Struktur gespeichert sind.
R: Warum ist das so?
A: Wir haben keine Einschränkungen oder Vorgaben, wie wir unsere Confluence Bereiche strukturieren.
R: Warum gibt es keine?
A: Niemand fühlt sich dafür verantwortlich, diese Einschränkungen zu konzipieren.

...

R: Kommen wir noch einmal auf die Suche zurück. Wie benutzt du die Suche?
A: (Was für eine dumme Frage..) Ich gebe einfach ein Wort ein.
R: Wie benutzt du die Suchleiste genau?
A: Ich gebe ein Wort in das Eingabefeld ein und klicke auf Suchen?
R: Ich nehme an, du hast schon von Filtern gehört? Wie benutzt du diese?
A: Überhaupt nicht.
R: Wie findest du denn sonst bestimmte Inhalte?

...

Siehst du, wie ich „Wie“- und „Warum“-Fragen eingesetzt habe, um die Abstraktionsebene des Gesprächs zu verändern?

Das „Warum“ führt uns weiter von der ursprünglichen Frage weg und ermöglicht ein breiteres Verständnis über das Thema. Wir haben herausgefunden, dass die Suche nicht das eigentliche Problem ist. Es ist vielmehr die Art und Weise, wie die Inhalte gespeichert werden, und vor allem der Mangel an Standards. Die Leute wissen einfach nicht, wo sie suchen sollen. Wir müssen also zuerst die Ablage von Informationen angehen, bevor wir weiter in das Tool selbst investieren. Wir haben außerdem Inhalte für mögliche Kurzschulungen ermittelt.

Mit der Frage nach dem „Wie“ hingegen erhalten wir mehr Details - bis zu dem Punkt, an dem wir mehr oder weniger die gleiche Antwort auf die Frage nach dem „Wie“ erhalten. Tritt das ein, wissen wir, dass es keine weiteren Details zu erzählen gibt.

Natürlich ist das Beispiel konstruiert und würde sich exakt so im wirklichen Leben unnatürlich anfühlen - es verdeutlicht jedoch den Nutzen. Wenn wir diese beiden Wörter (oder ähnliche Fragewörter) zusammen mit anderen klugen Fragen in der richtigen Umgebung verwenden, werden wir das Gespräch mit unseren Nutzer:innen mit einem viel besseren Verständnis verlassen, als wir es zu Beginn hatten- und dafür braucht es keine Anforderungsanalyse-Ausbildung.

Nutze dieses Wissen, um die Tools in deinem Unternehmen zu verbessern, und es wird nicht nur eure Benutzer:innen zufriedener machen, sondern auch dein Leben (als Admin) einfacher. Ich habe es selbst ausprobiert und für euch getestet :)

 


Du bist bei dieser Textzeile angekommen? Prima! Ich liebe es, über gute Fragen und zufriedene Benutzer zu sprechen und freue mich über die Gelegenheit, auf eurer Veranstaltung darüber sprechen. Als nächstes hört ihr mich auf der Navigate.

Außerdem ist dies nur Teil 1 der „Gute Frage“-Serie, also bleib dran für die nächsten Teile ODER kontaktiere mich, um Infos zu unserem „Gute Frage“-Training zu erhalten.

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Kommentare

Rebekka Heilmann

Rebekka Heilmann

Rebekka Heilmann ist IT-Beraterin bei der viadee. In Cloud-Migrationen sowie Customizing-Projekten rund um Atlassian setzt sie ihren Fokus auf die Anpassung der Tools an die Bedürfnisse der Kunden. Ihr Wissen in den Themen Business Analyse und Atlassian, speziell in Jira Software und Servicemanagement, teilt sie regelmäßig in Kundenschulungen sowie als Community Leader der Atlassian Community.
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