Im Laufe ihrer beruflichen Karriere stehen viele Menschen irgendwann vor einem Dilemma: Will ich mich auf den Ausbau meiner fachlichen Expertise konzentrieren oder lieber Führungsverantwortung übernehmen? Diese Entscheidung definiert grundlegend die Richtung der zukünftigen beruflichen Entwicklungen und löst daher nicht selten erheblichen Druck und Unsicherheit aus. Doch was, wenn es eine Lösung gibt, die beide Wege vereinen kann?
Im Zuge der Gründung ihrer neuen Marke viadee spark hat die viadee Unternehmensberatung einen noch wenig verbreiteten Weg eingeschlagen: Eine geteilte Führungsposition. Zweieinhalb Jahre nach Einführung dieser Tandem-Führung haben die zwei Köpfe hinter viadee spark, Dr. Kay Hildebrand und Ralf Werner, für diesen Artikel Resümee gezogen: Ein Bericht über anfängliche Tuchfühlungen, aufkommende Herausforderungen und die wichtigsten Erkenntnisse für einen erfolgreichen Start in das Modell Co-Leadership.
Was ist Co-Leadership überhaupt?
Co-Leadership, auch bekannt als Jobsharing oder Tandem-Führung, ist ein Konzept aus der Organisationsentwicklung und Unternehmensführung. Im Kern geht es darum, die traditionelle Vorstellung von Führung aufzubrechen: Eine Einzelperson trägt die alleinige Verantwortung für eine Abteilung oder ein Team. Stattdessen teilen sich bei Co-Leadership zwei oder mehr Führungskräfte sowohl die Aufgaben als auch die Verantwortung der Führungsposition gleichberechtigt.
Voraussetzung für das Co-Leadership-Modell ist, dass die Führungspersonen eng zusammenarbeiten, um gemeinsame Ziele zu erreichen und die Organisation erfolgreich zu lenken. Die Kooperation beinhaltet daher nicht nur das Teilen von Aufgaben und Ressourcen, sondern auch regelmäßige Absprachen zu halten und gemeinsame Entscheidungen zu treffen. Jeder Co-Leader bringt seine individuellen Stärken, Fähigkeiten und Perspektiven in die Zusammenarbeit ein, was zu einer breiteren Vielfalt an Ideen und Lösungsansätzen führt.
Die Entscheidung für ein neues Modell
Im Frühjahr 2021 stand die viadee vor einer strategischen Entscheidung:
Der Bereich Organisationsentwicklung sollte eine dedizierte vertriebliche Vertretung bekommen. Hierzu brauchte es eine eigene Führungskraft, schon etwa zwei Jahre bevor mit viadee spark schließlich eine eigene Marke kreiert wurde. Schnell stellte sich eine schwierige Frage: Wer würde die inhaltliche Arbeit in der Beratung aufgeben und sich komplett auf eine Führungsrolle einlassen?
Gerade in Beratungsunternehmen wie der viadee bringen die Mitarbeitenden hochspezialisierte Fachkenntnisse mit, die sie durch eine Entscheidung für eine Führungsposition nicht ungenutzt lassen wollen. Zugleich benötigen auch die Führungskräfte ausreichend Expertise, um die hochspezialisierten Teams zu leiten und strategische Entscheidungen treffen zu können.
Die Lösung für viadee spark ergab sich in Form des Co-Leadership-Modells. Weder Kay Hildebrand noch Ralf Werner, die heutigen Köpfe von viadee spark, wollten ihre Beraterdasein ganz hinter sich lassen und entschieden sich stattdessen dafür, gemeinsam die Führungsaufgaben zu übernehmen.
Die Entscheidung, ob Co-Leadership für die beiden die richtige Wahl ist, basierte hierbei nicht auf einem methodischen Vorgehen, sondern auf einem starken Bauchgefühl. Beide kannten sich bereits und waren sich ihrer individuellen Stärken und Schwächen bewusst. Die ausschlaggebende Frage, die sich die beiden im Vorfeld gestellt haben: Kann ich mir vorstellen, tagtäglich mit dieser Person intensiv zusammenzuarbeiten?
Wie finden wir heraus, ob es passt?
Wenn man den:die potenzielle:n Führungspartner:in noch nicht gut kennt, findet ein methodisches Vorgehen bei der viadee Anwendung: Ein sogenanntes LUXXprofile wird erstellt. Dieses Tool zur Persönlichkeitsanalyse basiert auf einem wissenschaftlichen Fragebogen und stellt in einem anschaulichen Modell die individuellen Motivatoren und Antriebe dar. Das LUXXprofile ermöglicht, die eigenen Motivationen zu verstehen und sie mit denen der anderen abzugleichen. So lässt sich herausfinden, welche Unterschiede oder Gemeinsamkeiten in einer Zusammenarbeit relevant werden könnten.
Die Wahl der Co-Leaders sollte jedoch nicht nur aufgrund von Eigenschaften auf dem Papier erfolgen. So gibt es nicht den einen Match, der am besten für ein Co-Leadership zusammenpasst. Vielmehr ist es entscheidend, in Bezug auf die eigene Arbeitsweise transparent zu sein und zu verstehen, wie man selbst und der potenzielle Co-Leader "tickt". Von großer Bedeutung ist vor allem, eine Wertebasis und Handlungsprämisse zu teilen.
Ralf erklärt, welche Fragen man sich im Findungsprozess unbedingt stellen sollte: "Ist das eine Person, mit der ich die nächsten Jahre intensiv zusammenarbeiten möchte? Ist das eine Person, der ich vertraue, die für mich zuverlässig ist und die mir gegenüber transparent ist?". Er sagt, "wenn dieser Eindruck existiert bei dir, dann ist das schonmal eine gute Voraussetzung, dass es funktionieren könnte." Bevor man sich auf das Co-Leadership einlässt, sollten die Ziele und die inhaltliche Ausrichtung klar besprochen und abgestimmt werden.
Die Vorteile
Kay und Ralf sind überzeugt, dass ihnen die geteilte Führungsposition große Vorteile in der neuen Rolle, aber auch in ihrer persönliche Entwicklung verschafft hat: "Ich würde definitiv dafür werben. Ich bin Team Co-Leadership und plädiere hochgradig dafür, Führungsverantwortung in mehrere Hände zu legen", sagt Kay. Wodurch ist das Co-Leadership für die beiden zu einer so positiven Erfahrungen geworden?
- Synchronisation, Ausfallsicherheit & gegenseitige Unterstützung:
Die Führungspersonen sind synchronisiert und können füreinander einspringen. Das schafft Flexibilität und Kontinuität: Selbst, wenn einer der Co-Leader nicht verfügbar oder überlastet ist, gibt es immer eine:n Ansprechpartner:in. Zudem tragen Co-Leaders die Verantwortung für kritische Entscheidungen gemeinsam und können sich in schwierigen Zeiten gegenseitig unterstützen. - Möglichkeit zur inhaltlichen Arbeit:
Durch die geteilte Führung können beide Führungskräfte inhaltlich aktiv bleiben und an Projekten teilnehmen. So kann neben der Übernahme von organisatorischen Aufgaben und strategischen Planungen auch die eigene Fachexpertise weiter ausgebaut und aktuell gehalten werden. Das kommt nicht nur der Vereinbarung verschiedener Interessen entgegen, sondern schafft auch eine wertvolle Verbindung zwischen Planung und Ausführung der Tätigkeiten eines Arbeitsbereiches. - Austausch, Perspektivenvielfalt & fundiertere Entscheidungen:
Co-Leadership ermöglicht, schwierige Themen gründlicher zu diskutieren und verschiedene Perspektiven einzubeziehen. Kritische Entscheidungen können im Dialog hin und her geworfen werden, was zu besseren Ideen und neuen Lösungen führt, so Kay. Diese Perspektivenvielfalt bereichere die Arbeit und unterstütze dabei, fundiertere Entscheidungen zu treffen.
Die Herausforderungen
Natürlich bringt das Co-Leadership-Modell neben den zuvor beschriebenen Vorteilen auch seine ganz eigenen Herausforderungen mit sich. Das sind die wichtigsten Learnings aus dem Co-Leadership von viadee spark:
- Priorisierung & Zeitmanagement:
Die Entscheidung, in welchen Projekten man sich inhaltlich engagieren möchte und wo man sich zurückhalten sollte, kann schwierig sein. Es erfordert sorgfältige Planung und Weitsicht, um sowohl Führungs- als auch inhaltliche Aufgaben effektiv zu bewältigen. - Vergleichbarkeit & Selbstreflexion:
Co-Leaders dürfen sich selbst und ihre Arbeit nicht schädlich miteinander vergleichen. Geteilte Führung erfordert gegenseitige Unterstützung sowie Vertrauen in die Fähigkeiten und Leistungen des anderen. Auch muss ausgehalten werden können, wenn Teammitglieder eine Führungskraft mit der anderen vergleichen. "Wenn du so ein Tandem eingehst, dann sollte dir klar sein, dass du dich auch auf eine Art und Weise vergleichbar machst", so Ralf Werner. Hierfür brauche es genügend Selbstvertrauen. - Vertrauen & Kommunikation:
Gute Absprachen und die Zuverlässigkeit beider Führungspartner sind entscheidend für den Erfolg des Co-Leadership-Modells. Durch eine klare Aushandlung von potenziellen Konfliktpunkten und der gemeinsamem Zieldefinition lassen sich die geteilten Führungsaktivitäten gut koordinieren. Für Kay ist eine Hauptvoraussetzung dabei das Vertrauen: "In dem Sinne, dass ich mich darauf verlassen kann, dass mein Gegenüber in meiner Abwesenheit die besten Entscheidungen für das gemeinsame Ziel getroffen hat, die eben gingen. Ich muss auch vertrauen, dass er seine Aufgaben macht ohne, dass ich kontrollieren muss. Klingt banal, ist aber essentiell für die Aufgabenverteilung."
Tipps für ein erfolgreiches Co-Leadership
Die Erfahrungen von Kay und Ralf zeigen, dass das Co-Leadership-Modell viele Vorteile bieten kann. Wichtig ist: Es geht bei Co-Leadership nicht nur um Arbeitsteilung, sondern vor allem auch um Zusammenarbeit und Kooperation. Bei kontinuierlichem Austausch ermöglicht die geteilte Führung eine wertvolle Perspektivenvielfalt in der Entscheidungsfindung. Gleichzeitig erfordert eine gute Kooperation klare Kommunikation und Transparenz, Selbstreflexion und Vertrauen zwischen den Co-Leadern.
Nehmen Sie sich Zeit, um Ihren potenziellen Co-Leader gut kennenzulernen. Gehen Sie das Kennenlernen auch methodisch an: Durch den Vergleich Ihrer Führungsstile können Sie potenzielle Konfliktpunkte schon im Vorhinein identifizieren und aushandeln. Sorgen Sie außerdem für organisatorische Klarheit und Transparenz. Klären Sie gemeinsam die Ziele und Schwerpunkte Ihrer Führungsarbeit und finden Sie Methoden der Zusammenarbeit, die zu Ihren Persönlichkeiten passen. Möchten Sie klare Absprachen und feste Termine zur Synchronisation einführen? Oder arbeiten Sie lieber flexibler und bedarfsorientiert?
Hören Sie auch auf Ihr Bauchgefühl und überlegen Sie, ob Sie mit ihrem potenziellen Co-Leader auch in herausfordernden Zeiten zusammenarbeiten können. Das Co-Leadership-Modell kann in jeder Hinsicht eine bereichernde Erfahrung sein, wenn es mit Bedacht und gegenseitigem Vertrauen umgesetzt wird. "Wenn ich da auch nur einen Zweifel hätte, dass es persönliche Interessen sind, die bei Ralf im Vordergrund einer Entscheidung gestanden haben, die nicht auf unser gemeinsames Ziel einzahlen, dann würde das ganze Ding zerbrechen", so Kay.
Das Fazit für viadee spark
Kay und Ralf können ihr Co-Leadership bei viadee spark als vollen Erfolg verzeichnen: Sie durften in ihrer neuen Führungsrolle gemeinsam wachsen und eine bedürfnisorientierte Personalentwicklung erleben. Zugleich ermöglicht ihnen das Modell neben den Führungsaufgaben inhaltlich aktiv zu bleiben.
Wenn auch Ihrem Unternehmen Veränderungen bevor stehen oder Sie eine Organisationsentwicklung anstreben, kann viadee spark Ihnen mit großer Expertise und Erfahrungen aus erster Hand in Form einer Transformationsbegleitung zur Seite stehen.
Dr. Kay F. Hildebrand hat langjährige Erfahrungen in der Begleitung agiler Teams als Coach oder in operativen Rollen wie Scrum Master oder Product Owner gesammelt. Sein Schwerpunkt liegt auf der Skalierung agiler Methoden und der Etablierung eines agilen Mindsets in großen Unternehmen.
Ralf Werner ist Agiler Coach bei der viadee AG. Mit seiner langjährigen Erfahrung als Product Owner und Scrum Master in verschiedenen Branchen unterstützt er bei der Einführung von agilen Frameworks und begleitet Unternehmen auf dem Weg der agilen Transition.
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