Ein wichtiger Bestandteil agiler Vorgehensweisen ist das Tracken von Aufgaben sowie deren Fluss von „Offen" zu „Erledigt" durch geeignete Workflows. Im 11. LNGN Agile Meetup (am 24. September) haben wir uns vier verschiedene Softwaresysteme zum Issue-Tracking bzw. Projektmanagement angesehen, die diese Aufgaben möglichst effizient unterstützen. Die Teilnehmer bereiteten dazu Lightning Talks über die Tools OpenProject, Atlassian JIRA, Gitlab und Redmine vor.
Die diskutierten Projektmanagement-Tools im Überblick
- OpenProject ist, wie der Name vorwegnimmt, ein quelloffenes System zur Durchführung von Aufgaben des Projektmanagements. OpenProject eignet sich sowohl für Agile Methoden als auch für klassische PM-Verfahren.
- Atlassian Jira ist das einzige rein kommerzielle Produkt im Vergleich. Es hat in vielen Projekten und Unternehmen eine gewisse Popularität erreicht und ist dementsprechend weit verbreitet.
- GitLab, ursprünglich ein System zur Verwaltung von Git-Repositories, möchte sich zu dem führenden OpenSource-Tool für alle Projektverwaltungsaufgaben entwickeln.
- Redmine ist der Vorgänger von OpenProject und zeichnet sich durch einen ähnlichen Funktionsumfang aus, wobei die Grundversion sich eher an klassische PM-Verfahren richtet.
Grobe Definition der Bewertungskriterien
Um eine Vergleichbarkeit der vier Projektmanagement-Tools herzustellen, wurden im ersten Schritt die Bewertungskriterien definiert. Am Flipchart entstand in einer Matrix ein Überblick über die betrachteten Softwaresysteme hinsichtlich der erarbeiteten Bewertungskriterien. Hierzu einigten sich die Teilnehmer auf folgende Eigenschaften bzw. Fragestellungen:- Wie gehen die Tools mit Aufgabenprioritäten und Multiprojektmanagement um?
- Welche Visualisierungen werden angeboten?
- Wie tragen diese zur Aufgabentransparenz und zum Reporting bei?
- Wie eignen sich die Tools für die Anwendung Agile Methoden selbst?
Konkrete Bewertungskriterien
- Stories, Epics, Tickets, Bugs sind nur einige Beispiele für Typen von vermeintlich umzusetzenden Aufgaben in einem Projekt. Vor allem aufwändige Entwicklungen profitieren hier von einer Unterscheidung durch das Projektmanagementsystem. Hier besitzt Jira eine ausgeklügelte Abhängigkeitsstruktur, auf die wir später eingehen.
- Ohne Prioritäten und Status einzelner Aufgaben endet jedes Vorhaben im Chaos. Um dieses zu vermeiden, bringen alle Systeme ähnliche Umsetzungen für deren Management mit.
- Der mobile Einsatz oder auch Responsive Webdesign, betrachtet den Einsatz auf verschiedenen Endgeräten, wie Tablet und Smartphone, aber auch auf dem klassischen Desktop. Dazu wird jedes System per Chrome Device Toolbar (F12) in verschiedenen Modi präsentiert.
- Vor allem Scrum und Kanban sind ohne Agile Boards, die zumindest die Status „Todo“, „Doing“ und „Done“ entsprechend visualisieren, schwer zu realisieren. Hier wundert es, dass nicht jedes System in der Basisversion bereits eine Umsetzung unterstützt.
- Schon die Schätzung der Aufwände neuer Aufgaben profitiert von einer Funktion, die geplanten und tatsächlich angefallenen Aufwand erledigter Arbeit protokolliert. Zudem ist die Projektabrechnung möglicherweise schon automatisiert, sodass zusätzlicher Management Overhead entfällt.
- Die Frage nach Multiprojektmanagement zielt auf die Eignung (sich leider) überschneidender Entwicklerkapazitäten, Anforderungen oder Voraussetzungen für einzelne Projekte. Unterstützt das jeweilige System mehr als ein Projekt und kann zwischen ihnen Beziehungen verwalten, so gibt dieses Kriterium das wieder.
- Auch agile Projektteams führen nicht selten eine Release- und Milestoneplanung durch. Die Systeme sollten daher Aufgaben einzelnen Releases zuordnen und Milestones visualisieren können. Oft ergibt sich hieraus eine Roadmap für das Projekt.
- Wie schon angesprochen, bringt nicht jedes System alle Funktionen in der Basisversion mit. Umso wichtiger ist die Erweiterbarkeit durch Plugins oder ähnliche Optionen.
- Die Teilnehmer möchten im Wesentlichen die Eignung für Agile Vorgehen bewerten. Hierzu ziehen wir ein kurzes Fazit zu jedem System.
Die Ergebnisse – präsentiert in Lightning Talks
- Begonnen haben wir mit der Vorstellung von OpenProject. Hierzu trug unser Co-Organisator Marcel Thole seine Erfahrungen mit dem Projektmanagementsystem vor und zeigte anhand eines Beispielprojektes den Funktionsumfang von OpenProject. Es eignet sich sowohl für Wasserfallprojekte als auch für Agilisten. OpenProject bietet zum Aufgabenmanagement die entsprechenden Funktionen für Priorisierung, Visualisierung, Release- und Meilensteinplanung sowie entsprechende Visualisierungen. Hierzu zählen ebenfalls Punkte, die Agilisten gerne im Grundstock sehen: Agile Boards, Story Points, Burn-Charts und Beobachterfunktionalitäten für Benutzer. Lediglich eine Work-in-Progress-Limitierung für Aufgabenstatus, wie sie Kanban erfordert, konnte nicht gezeigt werden. Und das, obwohl eine Limitierung pro Statusspalte auf der Website beworben wird. OpenProject ist kostenfrei, sofern Teams es selbst hosten, und bietet eine Plugin-Funktion für projektspezifische Erweiterungen. Eine Enterprise-Version ermöglicht eigene Designs und benutzerdefinierte Felder, die allerdings nicht notwendig erscheinen.
- Der zweite Talk war GitLab gewidmet. Wer GitLab bisher nur als Weboberfläche für Git Repositories kennt, wurde nun eines Besseren belehrt. GitLab stellt weiterhin ein exzellentes Webinterface für Git-Repositorys zur Verfügung, verfügt darüber hinaus über ein Aufgabenmanagementsystem, ähnlich dem der anderen Systeme, über ein Wiki und einen integrierten Build-Server. Damit stellt GitLab die All-In-One Lösung für Softwareprojekte dar. Allerdings sei hier gesagt, dass Funktionsvielfalt und Oberfläche von Entwicklern für Entwickler erstellt wurden. Um diese Eigenschaft zusätzlich zu unterstreichen, kann eine Vielzahl an Funktionen direkt per Textkommando genutzt werden. Aufgabenprioritäten bietet GitLab leider nur in einer Enterprise-Version an. Für agile Projekte, in denen der absoluten Priorisierung der Tickets eine bedeutende Rolle zukommt, ist damit eine starke Einschränkung vorhanden. Möchten Teams mit Scrum arbeiten, so hilft die Milestone-Funktionalität, um Sprints darzustellen. In dieser können Stories (GitLab Issues), Tasks und Epics einem Milestone „Sprint n“ zugewiesen werden. Per GitLab Issue Board inklusive Burn-Charts werden die gewünschten Visualisierungen zur Verfügung gestellt und über Issue Weights sind Story Points nativ umsetzbar.
- Atlassian Jira wurde im dritten Talk vorgestellt. Ca. 50 % der Teilnehmer nutzen es aktuell im eigenen Projekt. Da Jira das einzige rein kommerzielle Tool im Vergleich war, konnte leider keine vollständige Demo gezeigt werden. Eine eigens für das Meetup per Docker aufgesetzte Version von Jira Core konnte den Funktionsumfang nur teilweise verdeutlichen. Umso wichtiger war hier das Vorwissen der Teilnehmer. Eine interessante Erkenntnis aus der Core Version: Diese fokussiert sich auf das Aufgabenmanagement, zu dem vor allem ein dynamischer Workflow, jedoch keine entsprechende Visualisierung der Aufgaben-Status-Beziehung zählt.
Nichtsdestotrotz ist Jira der de-facto Marktführer in Usability, Funktionsumfang und Erweiterbarkeit für generelles und vor allem agiles Projekt- und Aufgabenmanagement. Jira arbeitet dabei mit einer maximalen Aufgabenhierarchie der Tiefe 3, alles was darüber hinaus eine Strukturierung benötigt, kann über Stichworte (Labels) und Beziehungen umgesetzt werden.
Epics kapseln Fachlichkeit auf einem abstrakteren Niveau, bspw. auf Feature Ebene. Issues können Stories bzw. den Aufgabenkern darstellen und formulieren konkrete Anforderungen, die wiederum Unteraufgaben enthalten, die Details oder technische Aufgaben ausprägen. Erfordert es eine Strukturierung um mehr als 3 Ebenen, hilft Jira hier mit den genannten Beziehungen zwischen Issues. Allerdings ist dies ein Indiz für eine ungünstig geschnittene Anforderung. Als Beispiel für mehr als 3 Ebenen wurden Projekte mit mehrschichtigen Architekturen und vielen Schnittstellen genannt, da diese schnell eine Hierarchie vortäuschen. Erst einmal eine interessante Annahme an Komplexität, die im Meetup nicht abschließend diskutiert werden konnte und vielleicht Thema eines separaten Termins wird.
Lediglich die mobile Oberfläche konnte durch manch fehlende Bearbeitungsmöglichkeit nicht überzeugen, da über die Kommentierung von Tickets per Smartphone hinaus keine Bearbeitung erfolgte.
Jira hat mittlerweile eine solche Popularität gewonnen, dass Unternehmen oft schon auf das Tool setzen, bevor sie sich mit Agilität in erforderlichem Maß auseinandergesetzt haben. - Als viertes und letztes Tool wurde Redmine ebenfalls per Docker-Instanz vorgeführt. Redmine ist der Vorgänger von OpenProjekt und ebenfalls eine Projektmanagementsoftware, die in der Grundversion Aufgabenmanagement, Wiki, Dokumentenverwaltung und einige Supportfunktionen mitbringt. Das Aufgabenmanagement muss jedoch bei einer frischen Redmine-Instanz erst einmal konfiguriert werden – ebenso wie fast alles andere. Hierzu ist nicht wenig Konfigurationsaufwand nötig. Zudem sollte Projektmanagementerfahrung zur Konfiguration schon vorhanden sein. Alle Systeme verbindet, dass sie Aufgabentypen, Prioritäten (bei GitLab in der Enterprise-Version), Workflows und entsprechende Visualisierungen unterstützen. Zudem sind die erforderlichen Grundfunktionen an Benutzerverwaltung, Webinterface bzw. Cloudfähigkeit und Mandantenfähigkeit in allen Systemen enthalten. Große Unterschiede sind in der Usability und dem detaillierten Funktionsumfang zu spüren. Jedes System wird durch Dienstleister unterstützt, die Hosting und Support gegen Einwurf kleiner Münzen tauschen. Dies bietet Unternehmen und Teams die notwendige Konzentration auf das Produkt, ohne Systempflege betreiben zu müssen. Die Eingangshürde per Dienstleister ist dementsprechend gering und konkrete Projekte und Teams lassen sich schnell in jedem gehosteten System aufsetzen.
Drei Gewinner
Eine pauschale Empfehlung für eines der Tools hat sich nicht herauskristallisiert. Redmine überzeugte aufgrund des Konfigurationsaufwands und vor allem aufgrund des starken Konkurrenten OpenProject nicht vollends und würde von keinem Teilnehmer in einem neuen Projekt Verwendung finden. Die Entscheidung zwischen den Tools GitLab, Jira und OpenProject würde jedes Team oder auch Unternehmen dagegen individuell treffen. Als grobes Fazit kann festgehalten werden, dass Jira bei vielen Teilnehmern das Tool der Wahl ist, sofern Kosten eine eher untergeordnete Rolle spielen. Vor allem GitLab konnte bei Entwicklern für Begeisterung sorgen, da das Meetup hier eine neue Perspektive außerhalb der Repository-Verwaltung aufzeigen konnte.Retrospektive
Nach zweieinhalb Stunden erfolgte ein Rückblick im Standup auf die Ergebnisse und auf das Meetup selbst: Jira ist verdientermaßen erfolgreich, jedoch existiert eine Reihe interessanter Alternativen, sodass es schön gewesen wäre, weitere Tools zu betrachten. Allerdings teilten die Teilnehmer die Meinung, dass schlecht laufende Projekte nicht am vermeintlich richtigen Aufgabenverwaltungssystem kurieren.
Das nächste LNGN Agile Meetup findet in 8 bis 10 Wochen wieder im IT Zentrum Lingen statt. Die Details folgen unter #LNGNAgileMeetup und auf https://github.com/lngn-agile-meetup.
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